Bild: „SlutWalkVienna27“ (22.10.2011) von Lu_Wu, Lizenz: CC BY-NC 2.0
Die „Alternative für Deutschland“ propagiert offen ein anti-feministisches Weltbild. Nicht nur am rechten Rand findet diese Position Anklang, sondern auch in der Mitte der deutschen Gesellschaft – sogar bei Frauen. Das muss sich ändern.
An der Spitze der AfD-Bewegung, die sich für ein rückständiges Frauenbild stark macht, stehen nicht etwa weiße, ältere Männer, sondern zwei Frauen: Frauke Petry und Beatrix von Storch.
Dabei ist es nicht einmal seit 20 Jahren ein gesetzlich verankertes Ziel in Europa, die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen und Männern gleichsam zu berücksichtigen. Das Prinzip des Gender Mainstreaming schützt Frauen vor Diskriminierung – und sichert ihnen Grundrechte zu, die ihnen jahrhundertelang verwehrt blieben.
Genau dieses Prinzip stellt die AfD nun in Frage. Es zerstöre das traditionelle Familienbild, argumentiert die rechtspopulistische Partei. Deshalb wirbt sie für eine Rückabwicklung zahlreicher Errungenschaften der Gleichstellung von Mann und Frau.
AfD-Bundessprecherin Petry nennt es „wünschenswert, dass eine normale deutsche Familie drei Kinder hat“, und fordert ein Volksbegehren für eine Verschärfung des Abtreibungsparagrafen 218. Von Storch, seit 2014 Abgeordnete im Europäischen Parlament, vertritt ihrerseits die Positionen der selbst ernannten „LebensschützerInnen“.
Keine Frage, mit dieser frauenfeindlichen, rückwärtsgewandten Position gehört die AfD mindestens ins letzte Jahrhundert – und auf keinen Fall in ein deutsches oder europäisches Parlament.
Aber: Dass diese Thesen in Deutschland wieder – oder immer noch – offen ausgesprochen werden dürfen, daran tragen wir eine Mitschuld.
Denn die Anti-Feministinnen sind in guter Gesellschaft. So manche junge Frau will keine Vorkämpferinnen mehr, die ihre Rechte erstreitet. Und schon gar nicht will sie selbst „Emanze“ und damit vermeintlich bar jeglichen weiblichen Charmes sein. Manche junge Frau will Zuhause bleiben, drei Kinder kriegen, schöne Kleidung tragen, keine handwerklichen Fähigkeiten erlernen müssen oder „auch mal schwach sein dürfen“. So brachte es eine Kampagne der „Jungen Alternative“, der Jugendorganisation der AfD, auf den Punkt.
Liebe Frauen, ihr dürft schöne Kleidung tragen – und zwar genau die, die euch gefällt. Ihr dürft ein, zwei, drei oder fünf Kinder kriegen – oder keine. Ihr dürft entscheiden, dass euch Handwerken und Fußball überhaupt nicht interessiert. Genauso wie ihr entscheiden dürft, dass euch Kochen, Nähen oder Schuhe kaufen nicht interessiert. Und zwar weil die von euch so verhassten „Emanzen“ euch in den vergangenen Jahren diese Rechte erkämpft haben.
Jetzt macht es nicht zunichte! Denn Frauen und Männer sind in Deutschland nicht gleichberechtigt. Und zwar nicht nur, weil sie im Schnitt 22 Prozent weniger verdienen als Männer. Auch weil es viel zu viele nackte Frauenhintern in der Werbung gibt. Weil in Fußballkabinen immer noch über die „Alte“ Zuhause geredet wird. Und weil fast ein Viertel aller Frauen im Alter von 16 bis 85 schon einmal Opfer häuslicher Gewalt wurde.
Feministisch zu denken und zu leben bedeutet, Gleichheit einzufordern, wo sie noch nicht erreicht ist. Deshalb müssen wir uns gegen vermeintlich harmlose Witze wehren, sexuelle Belästigung anzeigen, uns über die vielen nackten Frauenhintern in der Werbung ärgern – und zwar laut. Wir müssen wieder stolz darauf sein, Feministinnen zu sein. Nur so können wir unseren Teil dazu beitragen, dass das Frauenbild der AfD nicht gesellschaftsfähig wird.
von Nina Niebergall
Im Rahmen des Workshops „Kritisches Schreiben“ am 26. August 2016 hieß es beim Gendermania? Medienkongress, einen kritischen Kommentar zum Thema Gender innerhalb weniger Stunden zu verfassen. Nina Niebergall, freie Journalistin und Politikwissenschaftsstudentin, hat sich mit dem Frauenbild der AfD auseinandergesetzt und uns die Einverständnis zur Veröffentlichung ihres Textes gegeben.