[Foto von: Montecruzfoto Lizenz: CC BY 2.0]
Gegen 11 Uhr am Samstag trudeln langsam alle ein.
Von den etwas deplatzierten Infotischen am anderen Ende der Technischen Universität Berlin, in deren Räumlichkeiten an diesem Wochenende der Blockupy Ratschlag stattfindet, ist es schwierig, einen Überblick über das Geschehen zu behalten.
Deswegen schummle ich mich kurz vor Beginn doch noch in den sich füllenden Hörsaal. An die 200 Menschen sind da, angereist aus ganz Europa und die meisten wahrscheinlich mit ähnlichen Fragen im Kopf wie ich.
Zum Beispiel, was bewegungstechnisch eigentlich gerade so los ist in Europa.
Oder wie die Ereignisse des letzten Jahres gesellschaftliche Fragen neu stellen und was Blockupy darauf für Antworten geben wird. Und, gerade in letzter Zeit, welche Rolle soziale Medien für eine europäische Bewegung spielen könnten.
Es ist das erste diesjährige Zusammenkommen des Netzwerks, das sich seit 2012 immer mehr als zentraler Akteur der Krisenproteste in Europa etabliert hat.
Angesichts dessen, dass 2015 europäische Verhältnisse ein ums andere Mal verschoben worden sind, sei es zum Beispiel durch die aktuelle Migrationsbewegung, die die europäische Grenzpolitik ins Wanken bringt, stellen sich die Teilnehmer_innen auf dem Ratschlag besonders eine Frage: Wie weiter?
Klar ist dabei vor allem, dass im Kontext dieser Veränderungen Fragen nach sozialer Gerechtigkeit, nach (Um-)Verteilung und einer politischen Selbstbestimmung so stark diskutiert werden wie schon lange nicht mehr. Die Antwort auf diese Fragen, da ist sich das Netzwerk einig, kann nur eine solidarische sein. Solidarisch mit Geflüchteten. Solidarisch unter all denen, die betroffen sind von Neoliberalisierung, Kaputtsparen und Krisenpolitik.
Das gilt für Deutschland, das gilt aber auch für eine transnationale Vernetzung in Europa.
Soviel steht fest.
Diese Antwort ist eigentlich nicht besonders kompliziert. Was sich in erster Linie als kompliziert herausstellt, ist die Umsetzung. Das merkt man während des Aktiventreffens.
Die Diskussionen drehen sich um ein Zusammenbringen europäischer Bewegungen, Utopien eines Zusammenlebens, Umverteilungskämpfe, die man jetzt angehen muss und konkreten Vorschlägen, wie der Protest auf die Straße gebracht werden kann.
Ständig im Raum steht ein großes Ausrufezeichen: Eigentlich müssen wir jetzt loslegen, eigentlich können wir nicht länger warten.
Denn auf die Fragen, die in sozialen Zusammenhängen gestellt werden, hat eine erstarkende Rechte bereits Antworten gefunden hat und trägt dabei zu einer Polarisierung innerhalb der Gesellschaft bei.
„Willkommenskultur“ und „Gutmenschen“ gegen „Besorgte Bürger“ und Rechtspopulismus.
In diesen Diskurs soll interveniert werden, und zwar aus linker bewegungspolitischer Perspektive!
Was dabei oft unter den Tisch fällt, ist das Mitdenken einer medialen Instanz, die an Deutungshoheit immens dazugewinnt: Soziale Medien, Netzwerke wie Twitter oder Facebook sind ausschlaggebende Faktoren für gesellschaftliche Tendenzen.
Angesichts dessen, dass sich im Netz gerade alles um Hate Speech, Shitstorms und rassistische Facebook Gruppen dreht, darf man den Einfluss einer rechten Mobilmachung hier nicht unterschätzen.
Natürlich ist Blockupy keine Plattform aus Netzaktivist_innen, aber auch in diesem Kontext muss es eine Antwort von links geben.
Soziale Bewegungen gewinnen damit eine weitere Plattform dazu, die sie sich zu Nutzen machen sollten.
Letztendlich ist klar: Blockupy ist wieder da. Das Wochenende war gefüllt von Eindrücken und spannendem Input, der Lust gemacht hat, weiter zu diskutieren.
Aber auch, Strategien zu entwickeln. Ausdrucksformen zu finden. Auf die Straße zu gehen.
Mit Ausrufezeichen!
von Theresa Hartmann
Dieser Text steht unter CC-BY-SA 3.0